Orgelbaumeister Laurent Schmitt zieht alle Register
Von Jochen Mettlen
Viele Orgelbaugesellen machen Ihren Meisterbrief einige Jahre nach der Lehre. Für Laurent Schmitt aus Elsenborn war das keine Option. Entweder direkt oder gar nicht. Er hat für Ersteres optiert und ist damit einer der wenigen Orgelbaumeister Belgiens.
Sein Meisterstück, eine Hausorgel beziehungsweise ein einmanualiges Positiv, steht in der Stube bei den Eltern. Stellt sich die Frage, wie hat er die Orgel dorthin bekommen? „Geschoben“, lacht Laurent Schmitt. „Unter der Orgel habe ich Räder angebracht. Obwohl sie 300, 400 Kilogramm wiegt, kann man sie einfach von einem Ort zum anderen schieben.“
1.000 Stunden am Meisterstück gearbeitet
Das einmanualige Positiv umfasst vier Register mit zirka 150 Metall- und 54 Holzpfeifen. „Ich habe 1.000 Stunden in mein Meisterstück gesteckt“, erklärt der 24jährige Instrumentenbauer. Im Rahmen seiner Lehre bei dem Eupener Orgelbauer Guido Schumacher hatte Laurent Schmitt Unterricht an der renommierten Oscar-Walcker-Schule in Ludwigsburg bei Stuttgart, die Instrumentenbauer in den Bereichen Orgel, Klavier, Metall- und Holzblasinstrumente ausbildet.
„Während der Lehre war ich pro Jahr jeweils 14 Wochen in Ludwigsburg. Für den zweijährigen Meisterkurs waren es dreimal drei Monate, also abwechselnd drei Monate Schule und dann wieder drei Monate im Betrieb arbeiten“, blickt der Elsenborner zurück. „In den ersten drei Monaten hatten wir Theorieunterricht. Im Anschluss wurden der erste Entwurf des Meiststücks und die Pläne gezeichnet, die von einer Kommission genehmigt werden mussten. Danach standen die Theorieprüfungen bei der Handwerkskammer Stuttgart an.“
Dann schmiss er den Riemen auf die Orgel und ging an die Arbeit, nach Feierabend, an den Wochenenden und in der Urlaubszeit. In den rund sechs Monaten bis zur praktischen Prüfung hing sich Laurent Schmitt voll rein, denn Teile der Orgel mussten im Vorfeld hergestellt werden. „Ich habe die Klaviatur (100 Stunden), die Balganlage (125), das Gehäuse in massiver Eiche (200) und Teile der Pfeifen vorbereitet. Die eigentliche praktische Prüfung dauert zwei Wochen. Sie beinhaltet unter anderem die komplette Montage, die restlichen Pfeifen, die Windlade, die Intonation und die Stimmung. Wir arbeiteten acht Stunden am Tag, von montags bis samstags“, so Laurent Schmitt.
Zwei Wochen praktische Prüfung
Eine Kommission der Handwerkskammer, die sich aus zwölf Orgelbaumeistern aus ganz Deutschland zusammensetzt, nahm die Prüfung ab. An jedem Prüfungstag war zumindest ein Jurymitglied vor Ort. „Es war ziemlich stressig. Man hat immer diesen Zeitfaktor im Nacken, weswegen auch regelmäßig Kandidaten rausfliegen“, erklärt Laurent Schmitt. „Im Betrieb haben wir für derartige Arbeiten etwas mehr Zeit. Zum Glück macht mir der Stress nicht zu viel aus. Man muss sich seiner Sache sicher sein, denn die Qualitätsansprüche sind sehr hoch. Während der Prüfung muss man Entscheidungen treffen und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Ich bin mit meiner Zeit ausgekommen. Schon im Vorfeld der Prüfung habe ich meine Vorgehensweise immer wieder im Kopf durchgespielt, damit alles schnell von der Hand geht.“
Der Aufwand hat sich gelohnt. Laurent Schmitt machte seinen Meisterabschluss als Orgel- und Harmoniumbauer mit der hervorragenden Gesamtnote 2. Insgesamt legte er zehn Prüfungen ab. „Ich bin sehr zufrieden. Sehr zufrieden mit der Qualität meiner Arbeit war auch mein Meister Guido Schumacher. Er hat mich sehr unterstützt und hat das Material für das Meisterstück gesponsert.“
An der Meisterprüfung hatten vier Kandidaten teilgenommen, zwei aus Deutschland, ein Südkoreaner und Laurent Schmitt. Alle haben bestanden. „Vielleicht würde ich die Orgel für ein realistisches Angebot verkaufen. Aber eigentlich hänge ich zu sehr an dem Instrument.“ In der Stube seiner Eltern hat die Königin der Instrumente einen angemessen Platz gefunden.
„Beruf des Orgelbauers ist unglaublich vielfältig“
Laurent Schmitt, wie sehen die Eckdaten Ihrer Orgel aus?
Es ist ein einmanualiges Positiv mit vier Registern und zirka 150 Metall- und 54 Holzpfeifen. Es ist ein Mischregister. Zwischen den Metall- und Holzpfeifen darf man keinen klanglichen Unterschied hören. Das war ein sehr wichtiges Kriterium für die Bewertung der Jury. Die längste Pfeife misst 1,2 Meter, die kleinste 2 Zentimeter. Die Orgel umfasst viereinhalb Oktaven bis zum F3 (3. Fa). Ich werde noch einen Motor einbauen, aber aufgrund der Tretanlage kann die Orgel komplett ohne Motor gespielt werden.
Wie würden Sie den Beruf des Orgelbauers umschreiben?
Der Beruf des Orgelbauers ist unglaublich vielfältig. Wir arbeiten mit Metall, Holz, Leder, Filz, Stoff, Elfenbein oder Strom. Der Beruf des Orgelbauers vereint mehrere Berufe: Möbelschreiner, Pfeifenmacher oder Elektriker. Als Orgelbauer zeichnet man auch Pläne, das mache ich im Moment im Betrieb.
Sie sind ein ausgewiesener Musiker. Inwiefern hilft das Ihnen in Ihrem Job?
Das hilft mir sehr. Als Musiker versteht man die Zusammenhänge mit den Akkorden besser.
Möchten Sie nun als Meister eigene Wege gehen?
Ich werde auch weiterhin im Orgelbaubetrieb Schumacher arbeiten. Im Moment haben wir ein interessantes Projekt in Danzig. Es geht um die Rekonstruktion einer im Krieg zerstörten Orgel. Auf der Basis noch bestehender Pläne haben wir neue Zeichnungen gemacht und das gesamte Innenleben ausgearbeitet. Zwei Jahre läuft das Projekt, im April steht die Montage der Orgel und ihrer knapp 50 Register an. Unser Betrieb ist weltweit aktiv. Ein Riesenprojekt war zum Beispiel die Orgel in der Kathedrale von Antwerpen. 25.000 Stunden haben wir daran gearbeitet. Bis 2020 sind wir ausgebucht, Tendenz steigend. Wir suchen noch Mitarbeiter. Wir sind ein starkes Team beim Orgelbau Schumacher.